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Banken

Wirtschaft


Für eine klare Trennung zwischen volkswirtschaftlichen Aufgaben und eigenwirtschaftlichen Aktivitäten der Banken

Buchhinweis – Neuerscheinung 2018:
Christian J. Jäggi:
Wirtschaftsordnung und Ethik: Problemfelder – Modelle – Lösungsansätze.  
Wiesbaden: Springer Gabler Verlag. 142 Seiten. ISBN 978-3-658-230-333
 
Preis:  ca. EURO 38.-, br., auch als eBook.
Zum Inhalt:

Viele wirtschaftsethische Diskussionen konzentrieren sich auf Business Ethics und Unternehmensethik, auf Fragen des Compliance Managements oder auf tugendethisches Verhalten im Markt. Dabei werden oft übergeordnete Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Wirtschaftssystem, ordo-ökonomischen Spielregeln und zum Zusammenhang von Markt und Ethik in den Hintergrund gedrängt. Der vorliegende Band stellt die wichtigsten volkswirtschaftlichen Ansätze vor dem Hintergrund ethischer Überlegungen zur Diskussion, so unter anderem die Sicht der ökonomischen Klassiker wie Adam Smith, kapitalismuskritische Ansätze,  neo-liberale Konzepte, Vorstellungen der Ordo-Liberalen und der Vertreter der Sozialen Marktwirtschaft. Vor dem Hintergrund der Globalisierung werden Fragen der Wirtschaftsordnung und der Demokratie, ordnungspolitische Vorstellungen und Möglichkeiten einer solidarischen Ökonomie thematisiert. Am Beispiel der Armutsproblematik, der existenziellen Grundsicherung, ökonomischer Care-Konzepte, Eigentumsvorstellungen und der globalen Migration werden neue ordo-ethische Lösungsansätze entwickelt.
Bestellungen bei  creality@bluewin.ch, wir leiten Ihre Bestellung gerne an den Verlag weiter.


Buchhinweis:
Christian J. Jäggi:
Volkswirtschaftliche Baustellen: Analysen – Szenarien – Lösungen.  
Wiesbaden: Springer Gabler Verlag 2016. 134 Seiten. ISBN 978-3-658-11995-9

Preis:  ca. CHF 36.-, EURO 34,99, br., auch als eBook.
Zum Inhalt:

Die nationalen Volkswirtschaften, aber auch die globale Wirtschaft stehen vor einer Reihe von Fragen, die sich seit der Finanzkrise 2008 noch akzentuiert oder verschoben haben. Das gilt besonders für den Finanzbereich, die Steuerung der Geldmenge, Fragen der Inflation und Deflation, die Verschuldungsproblematik, Fragen des Zinses und des Negativzinses, das Wachstumsproblem, die nationalen und internationalen Arbeitsmärkte, die Auseinandersetzungen um den internationalen Investitionsschutz und um die Anarchie der nationalen Steuersysteme. Diese Problemfelder sind volkswirtschaftliche Baustellen, die einerseits für sich angegangen werden müssen, die aber auch in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Der vorliegende Band arbeitet analytische Elemente zu diesen Fragen heraus, reflektiert verschiedene Entwicklungsszenarien, entwickelt Lösungsstrategien und –ansätze und schlägt zu jedem dieser Problemfelder konkrete Massnahmen vor. Der Band richtet sich einerseits an Fachpersonen im Bereich Ökonomie und Sozialwissenschaften, anderseits sind auch interessierte Leserinnen und Leser angesprochen, die sich mit aktuellen volkswirtschaftlichen Fragen auseinandersetzen wollen.

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Analyse


In der Finanzkrise und insbesondere in der darauf folgenden Verschuldungskrise in Europa zeigte sich, dass Banken – und insbesondere Banken mit ausgebautem Investment Banking - vielfältigen Interessenkonflikten unterliegen. Michael Rasch (in Neue Zürcher Zeitung vom 13.10.2011) nannte Banken sogar „institutionalisierte Interessenskonflikte“. Dabei würden latente Interessenkonflikte zwischen Geschäftsbanktätigkeit und Investment Banking, aber auch innerhalb dieser Einheiten kaum thematisiert – und wenn, nur aus der Sicht der Bankenstabilität. Laut Rasch (in Neue Zürcher Zeitung vom 13.10.2011) gibt es jedoch innerhalb der Banken weitere Interessenkonflikte, etwa bei der Erstellung von Finanzanalysen, im Eigenhandel, im Portfoliomanagement, in Geschäften mit Firmenkunden (Corporate Finance) und in Mitarbeitergeschäften. Ein weiterer Konfliktbereich besteht zwischen der Beratung von Kunden im Anlagebereich und dem Interesse, eigene Produkte zu verkaufen. Bekannt sind ausserdem Konflikte zwischen Research und dem Aktienverkauf, insbesondere bei Börsengängen., wobei Ergebnisse der seriösen Buy-Side-Research vor allem an die eigenen Fondsmanager gehen, während Anleger oft mit „Schrott-Research“ abgespeist werden (vgl. Rasch in Neue Zürcher Zeitung vom 13.10.2011). Obwohl Standesregeln, freiwillige Selbstkontrolle, Offenlegung von Interessenkonflikten und nicht zuletzt die grössere Sensibilität der Kunden zu einer gewissen Entspannung geführt haben, sind die grundlegenden Probleme nicht gelöst. „Chinese Walls“ zwischen den verschiedenen Abteilungen bestehen laut Branchenkennern faktisch nicht (vgl. Rasch in Neue Zürcher Zeitung vom 13.10.2011).

Im Bankenbereich gibt es eine ganze Reihe von Problemen und Schwachstellen, die dringend angegangen werden sollten:

Eigenkapital
In den Basel-III-Verträgen wurde festgelegt, dass die Banken ihr Eigenkapital erhöhen müssen, um besser gegen Marktrisiken gewappnet zu sein. Doch auch die im Vergleich zu Basel-II verschärften Regelungen sind ungenügend. Deshalb legten einzelne Länder – so auch die Schweiz – über über diese Regelung hinaus gehende Mindestanforderungen an die Banken fest.

Im Zusammenhang mit den Regulierungsvorschläge für Basel III hinsichtlich Eigenkapital der Banken wies Matthias Niklowitz (in Schweizerische Handelszeitung vom 3.-9.2.2010) auf das grosse Problem der Derivatrisiken: Würden die Derivatrisiken zum tatsächlichen Wert bilanziert, ginge es dabei ums so gewaltige Summen, die teilweise höher sind als die entsprechenden Bankbilanzen selbst. Dabei geht es insbesondere um die so genannten Credit Default Swaps (CDS), mit denen Ausfallrisiken oder Veränderungen beider Risikolage beim Schuldner gehandhabt werden. Damit versichern sich Investoren gegen Insolvenzrisiken beim Schuldner oder gegen den Ausfall von Coupons. Gleichzeitig wird dieser Schutz auch weiter verkauft. CDS haben sich in den letzten Jahren als Instrument der Bonitätsbewertung von Banken entwickelt, weil ihre Preise als Aufschläge zu den Staatsanleihen ausgedrückt werden. Damit reagieren sie viel schneller auf Veränderungen als die relativ trägen Bonitätsnoten. Kreditderivate werden vorwiegend zwischen den Banken untereinander „over the counter“ vereinbart und sind für Dritte sehr intransparent. Bis anhin wurde der Kreditschutz nur zum Marktwert, also zwischen 1 und 3%, in den Bilanzen ausgewiesen – mit entsprechend geringer Eigenkapitalunterlegung. Nun soll er neu zum vollen Nennwert, das heisst zu dem Wert ausgewiesen werden, der bei einem tatsächlichen Ausfall des Kredits fällig würde. Denn dann besteht ein bis knapp 100faches, nicht durch Eigenkapital gedecktes Auszahlrisiko.
So hatte die UBS laut Analysten der Crédit Suisse im per Sommer 2009 verkauften Kreditschutz im Nennwert von 1456 Milliarden Franken ausstehend, was 91% der Bilanzsumme entsprach. Bei Barclay und RBS waren es 71% respektive 67% der Bilanzsumme (Niklowitz in Schweizerische Handelszeitung vom 3.-9.2.2010). Bei der Deutschen Bank beträgt die Summe des verkauften Kreditschutzes sogar 128% der Bilanzsumme oder 2224 Milliarden Euro.

Too-big-to-Fail-Problematik
Immer wieder wurde im Zusammenhang mit der Finanzkrise auf die "Too-big-to-fail"-Problematik der Grossbanken hingewiesen. Wenn etwa die Grossbanken eine Bilanzsumme eines Mehrfachen des nationalen Bruttoinlandprodukts eines Landes aufweisen, stellt das für die nationale Wirtschaft ein nicht zu unterschätzendes System- und Klumpenrisiko dar. Im Unterschied zum alt Bundesrat und Verwaltungsratspräsident der UBS Kaspar Villiger (in der Neuen Zürcher Zeitung vom 30./31.1.2010) betonte der ehemalige Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Philipp Hildebrand, in einem Interview in der Schweizerischen Handelszeitung vom 17.2.2011, dass Grossbanken sehr wohl ein System- und Klumpenrisiko für eine Volkswirtschaft darstellen können: Wenn etwa die UBS und die Crédit Suisse – die Anfang 2011 eine Bilanzsumme von 200 bis 250% des schweizerischen Bruttoinlandprodukts aufwiesen - in Schwierigkeiten kämen, könne das sehr wohl katastrophale Auswirkungen auf die nationale Volkswirtschaft haben. Demgegenüber beträgt etwa die Bilanzsumme der beiden amerikanischen Grossbanken Citibank und Bank of America nur rund ein Siebtel des Bruttoinlandprodukts der USA. Hildebrand wörtlich: „Das Beispiel von Irland sollten wir uns immer vor Augen halten. Irland ist vergleichbar mit der Schweiz: Eine hoch produktive Wirtschaft, ein starker Exportsektor, eine solide Haushaltsstruktur. Und dann muss es plötzlich ein Drittel des Bruttoinlandprodukts in eine einzige Bank einschiessen ist und über Nacht praktisch ruiniert und um 20 bis 30 Jahre zurück geworfen. Das ist ein Drama, es könnte auch der Schweiz passieren“. Was war in Irland geschehen? 2008 garantierte der irische Staat „unvorsichtigerweise“ (Alioth in Neue Zürcher Zeitung vom 15.10.2011) für die Verbindlichkeiten der sechs irischen Geschäftsbanken. Bis 2011 waren drei davon verschwunden, zwei waren in Staatsbesitz und nur eine Geschäftsbank - die Bank of Ireland - stand „einigermassen auf eigenen Beinen“ (Alioth in Neue Zürcher Zeitung vom 15.10.2011). Auch in diese Bank hatte der Staat Geld gepumpt, und zwar 4,6 Milliarden €. Der Staat besass 2011 15% der Bank of Ireland. Seit der Bankenkrise sank das Bruttoinlandprodukt Irlands auf knapp 160 Milliarden €, 2010 betrugen die Gesamteinnahmen des irischen Staates 36 Milliarden €. Bisher stellte der Staat den Banken in Irland 64 Milliarden € an Kapital zur Verfügung, wovon knapp die Hälfte in Form von Eigenwechseln, die über Jahre eingewechselt werden müssen (Alioth in Neue Zürcher Zeitung vom 15.10.2011). Ausserdem garantierte der Staat 30 Milliarden €, welche von der staatlichen Bank Nama als niedrig verzinsliche Anleihen für kommerzielle Immobiliendarlehen vergeben wurden. Dazu steht der Fiskus hinterweiteren 50 Milliarden €, die bei der irischen Zentralbank in Form von Liquiditätshilfen an die Geschäftsbanken ausstehend waren. Und schliesslich garantiert der irische Staat für 113 Milliarden € Bankverbindlichkeiten sowie für Einlagen in der Höhe von 72 Milliarden € Euro. Rechnet man diese Zahlen zusammen, dann kann im schlechtesten Fall die Bankenkrise den irischen Staat 329 Milliarden € oder das Bruttoinlandprodukt von zwei Jahren kosten. Alioth zieht (in Neue Zürcher Zeitung vom 15.10.2011) folgende Schlussfolgerung, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: „Die eiserne Konsequenz, mit der die Hybris des irischen Finanzsektors sozialisiert wurde, hat indes keinen ordnungspolitischen Hintergrund. Vielmehr geht es um das Wohlbefinden europäischer Grossbanken, die nach der Einführung des Euro unbeschränkte Mengen von billigem Geld in die irischen Banken pumpten. Sie sollen um jeden Preis geschützt werden...“

Eigenhandel
Bereits 2 Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise schrieben Anfang 2011 die amerikanischen Grossbanken wieder schwarze Zahlen. Die direkten amerikanischen Staatshilfen in Milliardenhöhe, die die Banken während der Krise erhalten hatten, sind zurückbezahlt und bereits zahlten die 25 grössten Banken in den USA an ihre Spitzenleute wieder 135 Milliarden $ an Boni aus. Damit wurden die Bonus-Höchstzahlungen von 2007 schon bald übertroffen (Neue Zürcher Zeitung vom 5.2.2011b). Ähnlich sieht es bei vielen anderen westlichen Grossbanken aus.

Dass jedoch damit die Bankenkrise noch nicht überwunden ist, zeigt etwa die Tatsache, dass der Börsenwert der Finanzinstitute erst 40% ihres ursprünglichen Börsenwerts vor der Krise erreicht haben (KBW-Bank-Index). Immer noch zieht die Krise enorme Kosten in Form von faulen Krediten mit sich. Ausserdem sollte nicht vergessen werden, dass die enorme Liquidität, welche die meisten westlichen Regierungen während der Bankenkrise auf den Markt werfen mussten, um den Interbanken-Verkehr nicht zusammenbrechen zu lassen, bis heute bei weitem nicht abgeschöpft ist. Dieses Geld und die tiefen Zinsen strafen alle Behauptungen Lüge, wonach der wirtschaftliche Aufschwung bereits stabil sei.

Obwohl mittlerweile im Investmentbanking wieder grosse Gewinne eingefahren werden – aber auch hohe Verluste! –, ist abzusehen, dass viele Banken das einst lukrative Eigengeschäft – etwa den Wertschriftenhandel auf eigene Rechnung – stark reduzieren müssen. Verschiedene Banken denken bereits über den Verkauf ihrer entsprechenden Abteilungen nach (Neue Zürcher Zeitung vom 5.2.2011b). Die UBS und die Crédit Suisse haben den Eigenhandel eingestellt und sind daran, das Investment Banking enger mit dem Prvate Bankin und dem institutionellen Geschäft zu verzahnen (Gallarotti in Neue Zürcher Zeitung vom 5.2.2011a).

Rating
Ein besonderes ethisches Problem liegt in der fehlenden Unabhängigkeit von Analysen. „Analysten werden häufig von denjenigen bezahlt, die sie bewerten und in ein ‚Ranking' bringen sollen, sodass ihre objektive Analyse durch ihr Interesse an der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit dem beurteilten Unternehmen eingeschränkt ist“ (Koslowski 2009:65). So haben etwa Untersuchungen gezeigt, dass Analysten in Banken in rund 85% der Fälle „Kaufen“ empfehlen und nur bei 15% der Fälle „Verkaufen“. Bei vielen Krisen, so etwa bei der Immobilienkrise in den USA 2007, aber auch bei der Griechenlandkrise 2010, die sich zeitweise zu einer regelrechten Euro-Krise auszuweiten drohte, spielten die Bewertungen der Rating-Agenturen eine entscheidende Rolle. Entsprechend verlangten viele Ökonomen und Politiker nach einer besserer Regelung der Rating-Verfahren durch private Agenturen, aber auch ethische Standards.

Verzahnung von Bankenrisiken und Staatsverschuldung
Ein grosses Problem des modernen Finanz- und Bankensystems liegt darin, dass es eine Verzahnung zwischen den Staaten und den inländischen Banken in Form von Staatsanleihen, die durch die Banken gehalten werden, und Garantien des Staates für eben diese Banken gibt (vgl. Adamek/Lewrick in Die Volkswirtschaft 11-2011:13), die zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale führen kann. So lagen etwa Ende 2010 laut der European Banking Autority EBA Ende 2010 die Forderung griechischer Geschäftsbanken gegenüber dem griechischen Staat bei 54 Milliarden €, in Italien betrugen die Forderungen italienischer Banken gegenüber ihrem Staat 165 Milliarden € (vgl. Adamek/Lewrick in Die Volkswirtschaft 11-2011:13). Diese Verzahnung kann im Extremfall sowohl den Bankrott von Staaten als auch die Insolvenz von Banken auslösen. Das dies durchaus ein realistisches Szenario sein kann, zeigte etwa das Beispiel Irlands: 2007 lag die Verschuldung von Irland laut Eurostat nur gerade bei 25% der Bruttoinlandprodukts – im Vergleich: in der Schweiz lag die Verschuldung damals bei 43% des BIP. Nachdem die irischen Banken kurz vor der Insolvenz standen und der irische Staat umfangreiche Garantien übernehmen musste, lag die irische Staatsverschuldung 2010 bei vollen 96% der Bruttoinlandprodukts (vgl. Adamek/Lewrick in Die Volkswirtschaft 11-2011:14). Dazu kommt, dass infolge der engen Verflechtung der europäischen Banken und den europäischen Staaten auch untereinander so ausgeprägt sind, dass jeder Bankencrash oder auch jeder Staatsbankrott viele andere europäische Banken in den Abgrund reissen würde. Adamek und Lewrick in Die Volkswirtschaft 11-2011:14) folgerten daraus: „Der Ausfall eines Staates birgt somit die Gefahr einer unkalkulierbaren Kettenreaktion: Zuerst trifft es den nationalen Bankensektor und einzelne ausländische Banken. Die Schieflage dieser Banken destabilisiert wiederum weitere Bankensektoren in anderen Ländern usw.“.

Lösungsansätze

Koslowski (2009:40) hat zu Recht darauf hingewiesen, dass im Bankenbereich ein Konflikt zwischen den Interessen der Aktivseite und der Passivseite der Bilanz besteht: „In ihren Handlungen und Einstellungen gegenüber dem Kunden als Inhaber von Girokonten oder Sichteinlagen muss die Bank risikofeindlich und vorsichtig sein, gegenüber dem industriellen Kreditnehmer hingegen muss sie risikofreudig und mutig sein. Die Bank muss daher einen Weg finden, die unterschiedlichen Pflichten und Tugenden der Risikoreduktion und der Risikoübernahme auszugleichen. Sie muss zwischen den Erwartungen ihrer Einlagekunden, Risiko zu vermeiden, und den Erwartungen ihrer Kreditnehmer, Risiko zu übernehmen, vermitteln“. Eigentlich müsste zwischen der Abteilung einer Bank, welche ihren Kunden zum Aktienkauf rät, und der Abteilung, welche gerade den Börsengang eines Unternehmens durchführt, eine Art Firewall bestehen. Doch selbst wenn dem so wäre, ist dieser Firewall spätestens auf der Ebene des Bankvorstandes oder des Verwaltungsrates durchlässig, weil ja die Bankenleitung alle Geschäfte beaufsichtigen und kontrollieren muss. Wie man an diesem Beispiel unschwer erkennen kann, ist die Frage der Insidergeschäfte im Bankenbereich immanent vorhanden.

Koslowski (2009:63) ist der Meinung, dass sich im Bereich der Finanzdienstleistungen ein Prozess der „Ethisierung“ und Professionalisierung vollzieht. Dies liegt auch im Interesse des Berufsstandes, weil er dadurch zeigt, dass seine Tätigkeit im öffentlichen Interesse liegt: „Alle Berufsethiken oder Ethikkodizes betonen die Verpflichtung eines Berufsstandes auf das allgemeine Wohl und machen die justitiable Zusage, dass sie sich an solchen Idealen wie Integrität, Objektivität, Kompetenz, Sorgfalt, Vertraulichkeit und der Vermeidung von Interessenkonflikten orientieren“ (Koslowski 2009:63). Wir bezweifeln, dieser Ethisierungs-Prozess tatsächlich stattfindet - zu gross sind die Eigeninteressen der Banken. Eindeutig wirkungsvoller wäre eine konsequente Trennung der verschiedenen Bankenbereiche in unterschiedliche und voneinander unabhängige Banken, also zum Beispiel auf der einen Seite Banken - mit staatlicher Garantie zumindest für die Spareinlagen bis zu einer gewissen Höhe -, deren Kerngeschäft in Sparanlagen und der Verleihung von Krediten (Differentengeschäft) sowie dem Zahlungsverkehr besteht. Auf der anderen Seite Banken, die hochriskante Anlagen tätigen, die jedoch als solche Hochrisikobanken erkennbar sind, die ihr Risiko selber tragen und im Extremfall konkurs gehen - wobei eine staatliche Unterstützung in einem solchen Fall ausgeschlossen ist. Eine staatliche Garantie für Spareinlagen bei solchen Banken ist ebenfalls ausgeschlossen.

Eine weitere Möglichkeit liegt darin, Investitionen in die produktive Wirtschaft steuerlich zu privilegieren. Umgekehrt sollten Investments in hochspekulative Geldanlagen oder Finanzprodukte steuerlich benachteiligt werden. Ein erster Schritt dazu könnte die weltweite Einführung der Tobin-Tax sein. Der amerikanische Ökonom James Tobin schlug bereits 1972 vor, Devisenumsätze mit einer Steuer zu belasten. Der Vorschlag der Tobin-Tax zielte darauf ab, die Zirkulation des Kapitals durch eine entsprechende Steuer zu verlangsamen und damit das Spekulationspotenzial zu verringern. Heute werden im Stunden- und Minutentakt Milliardenumsätze erzeugt, um kurzfristige Kursschwankungen und –differenzen spekulativ zu nutzen und so Gewinne zu generieren. Die Einführung der Tobin-Tax würde diese Praxis zumindest erschweren, weil die Kosten steigen und damit die Gewinne sinken würden. Bereits 2007 betrug das Transaktionsvolumen im Devisen- und Derivatehandel bereits mehr als das Siebzigfache des Weltsozialprodukts (Krätke in WochenZeitung vom 12.11.2009). Würde die Tobin-Tax mit einem Satz von 0,5% eingeführt, ergäbe das jährlich einen Ertrag von 500 bis 600 Milliarden US-Dollar, die für das Gemeinwohl eingesetzt werden könnten (Krätke in WochenZeitung vom 12.11.2009). Andere Varianten für eine Tobin-Tax wollten sie auf 0,01% bis 0,1% des Transaktionsvolumens festlegen. Laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut in Wien würde eine Transaktionssteuer von 0,1% des Handelsvolumens weltweit Steuererträge von 1.5% des Weltsozialprodukts generieren (Schöchli in Neue Zürcher Zeitung vom 19.12.2009).

Ein weiteres zentrales Anliegen wäre eine enge internationale Kooperation im Design des Konkursregimes für globale Finanzinstitute. Denn theoretisch wäre die Ermöglichung einer Grossbankenpleite ohne unerträgliche Kosten für den Rest der Volkswirtschaft die beste Lösung (vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 23./24.1.2010). Zurzeit kommt in Bezug auf Bankenkonkurse das jeweilige nationale Konkursrecht zum Tragen. Dass dies problematisch ist, weiss auch die Neue Zürcher Zeitung (vom 20.3.2010): „Doch ... nationalen Regeln funktionieren vor allem bei inlandsorientierten Instituten. Bei globalen Banken, deren Gläubiger zu einem grossen Teil im Ausland sitzen, sind erhebliche Hürden zu überwinden. Ein Knackpunkt: wie schafft man es, dass zum Beispiel die Anordnungen eines Schweizer Konkursrichters zu einem 90-prozentigen Gläubigerverzicht oder zur Umwandlung gewisser Bankschulen in Eigenkapital global akzeptiert werden“. Einer internationalen Regelung steht im Weg, dass im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern die USA dafür sind, bei den ersten Anzeichen einer Krise sofort die lokalen Aktiven einer Bank zu blockieren, um die US-Gläubiger schadlos zu halten. Dies funktioniert für die USA deshalb, weil die USA den wichtigsten Finanzplatz der Welt besitzen und viele nichtamerikanische Banken dort starke Präsenz und teilweise mehr Aktiven als Schulden aufweisen. Demgegenüber verlangen die meisten anderen Länder eine internationale Konkursregelung.

Paul J. J. Welfens (in Neue Zürcher Zeitung vom 16.9.2009) hat vorgeschlagen, als Grundlage der Besteuerung künftig nicht nur den Gewinn, sondern auch die Schwankungsintensität der Eigenkapitalrendite festzulegen. Eine solche Volatilitätssteuer soll dazu beitragen, die Eigenkapitalrenditen in einem realistischen Korridor zu halten und damit allzu risikoreichen kurzfristige Anlagepraktiken vorzubeugen: „Die ökonomische Begründung für eine Instabilitäts- bzw. Volatilitätssteuer liegt darin, dass das bankenseitige Eingehen übergrosser Risiken auf der Jagd nach hohen kurzfristigen Renditen zu einer Existenzgefährdung anderer Banken führt, da das Vertrauen in den Bankensektor von Anlegern und Einlegern bei einem auch nur drohenden Konkurs einer Grossbank rasch schwindet“ (Welfens in Neue Zürcher Zeitung vom 16.9.2009). Dabei betonte Welfens, dass diese Massnahme vor allem das langfristige Denken des Managements fördern, aber nicht die Steuerbelastung der Banken erhöhen soll.


Angeführte Literatur
Die Volkswirtschaft
11-2011: Adamek, Jürg / Lewrick, Urs: Die Banken in der Eurokrise.
Koslowski, Peter
2009: Ethik der Banken. Folgerungen aus der Finanzkrise. München: Wilhelm Fink Verlag.
Neue Zürcher Zeitung
16.9.2009: Welfens, Paul J. J.: Wie vertragen sich Krisenmassnahmen und Ordnungspolitik?
19.12.2009: Schöchli, Hansueli: Die lange Kontroverse um die Tobin-Steuer. Eine Auslegeordnung über Sinn und Unsinn von steuern auf Finanztransaktionen.
23./24.1.2010: Schwieriger Umgang der Staaten mit ihren Grossbanken. Weltweit wollen Regierungen und Behörden mit strikteren Regulierungen das Risiko der grossen Institute für das Finanzsystem begrenzen.
30./31.1.2010: „Wir werden niemals Schweizer Recht brechen“. Interview mit dem Verwaltungsratspräsidenten der UBS, Kaspar Villiger.
20.3.2010: Hürden für die Sanierung von Grossbanken. Ernüchternder Bericht des globalen Verbunds der wichtigsten Finanzaufsichtsbehörden.
5.2.2011a: Gallarotti, Ermes: Aufbruch in die neue Bankenwelt.
5.2.2011b: US-Banken meistern die Krise.
13.10.2011: Rasch, Michael: Banken – ein einziger Interessenkonflikt.
15.10.2011: Alioth, Martin: Irland als unfreiwilliger Bankier. Die weitgehend verstaatlichten irischen Banken hängen am Topf der Zentralbank.
Schweizerische Handelszeitung
3.-9.2.2010: Niklowitz, Matthias: Derivatepositionen mit Sprengkraft.
17.2.2011: Hildebrand, Philipp: "Wir waren wie ein Pfarrer". Interview.
WochenZeitung
12.11.2009: Krätke, Michael R.: Tobins Comeback.


Weiterführende Texte
Jäggi, Christian J.
2014: Die Trennung von Produktions- und Finanzbereich. LE V12. Meggen: Inter-Active. 49 Seiten.
2014: Erhöhung der Eigenmittel der Geschäftsbanken und Abdeckung ihrer Aktiven durch Zentralbankguthaben. LE V37. Meggen: Inter-Active. 25 Seiten.
2014: Weitere bankenspezifische Vorschläge. LE V38. Meggen: Inter-Active. 20 Seiten.
Bezugsadresse: creality@bluewin.ch.

 
 
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